Die Geschichte der Gothawagen in Gera ist geprägt von einem häufigen
Austausch der Fahrzeuge.
Die ersten Gothawagen in Gera waren zwei B57 des Baujahrs 1957. Mangels
eines passenden Triebwagens wurden sie mit dem LOWA-Triebwagen 18II gekuppelt.
Die Wagen hatten zwar die ESW-Kupplung, aber ohne den Elektro-Aufsatz. Die
elektrische Verbindung wurde traditionell durch Steckkabel hergestellt. 1958
folgten die ersten von insgesamt elf Triebwagen T57, deren Auslieferung sich
bis 1960 erstreckte. Auch diese Wagen hatten noch die ESW-Kupplung ohne E-Aufsatz.
Die Lackierung war beige mit rotem Streifen, ab 1959 mit blauem Streifen.
Die Anzahl der Beiwagen B57 bzw. B59 erhöhte sich bis 1961 auf zehn.
1961 kam es zur ersten Anlieferung von drei T2-61 und zwei B2-61. Mit diesen
Wagen wurde die ESW-Kupplung mit Elektroaufsatz in Gera eingeführt. Ein
jahr später folgten in einem Tauschgeschäft mit Jena drei weitere
T2-61 und zwei B2-61. Jena benötigte Zweirichtungswagen, diese waren
ab Werk nicht mehr erhältlich. Gera erhielt von daher die T2-61 und B2-61
ab Werk und gab zwei T57 und vier B57 der Baujahre 1959 und 1960 nach Jena
ab.
Bis 1966 kamen keine weiteren Gothawagen nach Gera. In dem Jahr wurden zwei
T57 aus Stralsund übernommen. Sie erhielten in Gera die Nummern der nach
Jena abgegebenen Wagen in zweiter Besetzung.
Ein Jahr darauf, im September 1967, kamen nach fünfjähriger Pause
wieder neue Gothawagen nach Gera, diesmal drei B2-62. Ergänzt wurden
diese Wagen 1968 durch zwei T2D und 1969 durch vier B2-62 der Nachbauserie.
Die Triebwagen waren nach Cottbus geliefert worden, wurden dort aber nicht
benötigt. Ab Ende 1967 war die Lackierung in dem heute bekannten orange
und weiß ausgeführt.
1969 begann ein großer Tausch mit den Straßenbahnbetrieben in
Halle, Görlitz, Nordhausen und Plauen. Halle gab bis 1973 neun Tatra
T2D und dreizehn B2D an Gera ab. Gera wiederum versorgte Nordhausen mit sieben
T57 und Görlitz mit zwei T57, da in beiden Betrieben Zweirichter benötigt
wurden. Bei den Beiwagen gab es sogar eine Kaskade unter Beteiligung von vier
Verkehrsbetrieben. Halle gab Wagen nach Gera ab, Gera zwei zu Einrichtern
umgebaute B57 nach Plauen und Plauen zwei B57 im Originalzustand nach Görlitz.
Alle in Gera verbleibenden Gothawagen mit Baujahren bis 1962 wurden zwischen
1970 und 1974 im RAW Schöneweide grundinstandgesetzt. Die zwei T57 und
vier B57 wurden dabei zu Einrichtungswagen umgebaut.
1975, 1978 und 1984 kamen noch einmal kleine Stückzahlen gebrauchter
Gothawagen nach Gera. 1975 war dies ein T2D aus Zwickau, 1978 ein T59 und
ein T2-62 aus Magdeburg, 1984 ein B2-62 aus Leipzig. Von den Magdeburger Wagen
war einer schon in Magdeburg zum Fahrschulwagen umgebaut worden, eine Funktion,
die er auch in Gera weiter ausübte. Der zweite Magdeburger Triebwagen
und der Leipziger Beiwagen dienten zum Wiederaufbau unfallbeschädigter
Wagen.
Nach einem etwas schleppenden Start trafen bis 1990 63 Tatra-Gelenkwagen
KT4D in Gera ein. Dies ermöglichte die Aussonderung der Gothawagen. Schon
1983 gingen drei Triebwagen und zwei Beiwagen nach Frankfurt/Oder, denen
1986 und 1987 sechs Triebwagen und vier Beiwagen folgten. Auch die zwei Gotha-Arbeitswagen,
ein 1980 umgebauter Schleifwagen und der Fahrschulwagen, gingen 1991 bzw.
1987 nach Frankfurt/Oder. Jena erhielt 1987 einen Zug aus T2D mit B2-62.
Weitere Gothawagen gingen ab 1987 nach Brandenburg, das bis 1990 sieben Triebwagen
und siebzehn Beiwagen übernahm.
Am 26. Oktober 1990 endete der Einsatz zweiachsiger Straßenbahnwagen
im Personenverkehr in Gera. Zuletzt waren nur noch vier T2-61, ein B2-62 und
sieben B2D im Bestand geblieben. Nur drei Beiwagen wurden in Gera verschrottet,
der Rest wie oben beschrieben abgegeben.
Am 13. März 2003 kamen nach zwölfjähriger Pause wieder Gothawagen
nach Gera. Man nutzte die Ausmusterung der Gothawagen in Jena, sich einen
Museumszug aus ehemaligen Geraer Gothawagen zu sichern. Der Triebwagen 150
I und der Beiwagen 248 kamen nach über vierzigjähriger Abwesenheit
nach Gera zurück. Ironischerweise dauerte ihr Einsatz in Gera nur zwei
Jahre, ein Zug aus den für Gera typischeren Einrichtern war aber nicht
mehr zu bekommen.
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